Urgestein B-52 Stratofortress: Der ewige Bomber fliegt immer weiter (2024)

Glaubt man der Legende, dann entstand die Konfiguration der B-52, so wie wir sie heute kennen, über ein Wochenende in einem Zimmer des Hotels Van Cleve in Dayton, Ohio. Eine Gruppe von Boeing-Ingenieuren hatte am 21. Oktober 1948 dem Air Material Command ihren neuesten Bomberentwurf vorgestellt. Das Model 464-35 hatte vier Turboproptriebwerke und gepfeilte Flügel, doch Colonel Pete Warden teilte lapidar mit, dass man damit nicht die erforderlichen Leistungen erreichen könne und die Air Force nun auch für ihren strategischen Bomber ein Modell mit Strahltriebwerken haben wolle. Ed Wells, Entwicklungsleiter bei Boeing, und seine Kollegen mussten sich etwas einfallen lassen. Sie riefen am Freitag Warden an und versprachen, am Montag mit einem neuen Vorschlag vorbeizukommen. Wells, George Schairer, Vaughn Blumenthal, Maynard Pennell, Art Carlson und Bob Whittington warfen ihre ganze Erfahrung in die Waagschale, zeichneten, rechneten und bauten sogar ein Modell aus Balsaholz. Die neue Konstruktion war ein achtstrahliges Monster mit stark gepfeilten Tragflächen und zwei Hauptfahrwerken im kastenförmigen Rumpf, der auch den großen Bombenschacht aufnahm. Die Air Force war jedenfalls beeindruckt vom Model 464-49, und am 26. Januar 1949 erhielt Boeing nach einer Sitzung hochrangiger USAF-Offiziere grünes Licht für die weiteren Arbeiten.

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Der erste Prototyp

Zu diesem Zeitpunkt waren knapp drei Jahre vergangen, seit die US Army Air Forces (USAAF) am 13. Februar 1946 erstmals eine Angebotsaufforderung für einen neuen strategischen Bomber an Boeing, Consolidated und Martin herausgegeben hatte. Boeings erster Ansatz war eine Art vergrößerte B-29 mit sechs Turboproptriebwerken. Das Model 462 wurde jedoch im Oktober 1946 ad acta gelegt. Es folgten weitere Konzepte unter der Bezeichnung Model 464, diesmal mit vier Propellerturbinen und gepfeilten Tragflächen, die aber – wie eingangs erwähnt – nicht zufriedenstellend waren. Selbst nach dem Umstieg auf die neuen JT3-Strahltriebwerke von Pratt & Whitney (später als J57 bekannt) musste sich Boeing noch der Konkurrenz der Convair YB-60 erwehren, einer auf Jets umgebauten Version der B-36. Im Februar 1951 erhielt Boeing schließlich einen Auftrag auch für die ersten 13 Serienflugzeuge, und das Programm bekam angesichts der steigenden Spannungen mit der Sowjetunion hohe Priorität. Der erste Prototyp XB-52 wurde am 29. November 1951 am Boeing Field in Seattle nachts und mit Planen verhüllt aus der Montagehalle gerollt. Bei Bodentests mit dem pneumatischen System wurden seine Tragflächen allerdings schwer beschädigt, sodass die im März 1952 fertig gewordene YB-52 als erste Maschine zu einem Testflug abhob. Boeing Testpilot Alvin M. "Tex" Johnston und Oberstleutnant Guy M. Townsend von der USAF hoben am 15. April 1952 vom Boeing Field ab und landeten etwa drei Stunden später auf der Larson Air Force Base (Moses Lake). Bis auf die zu hohen Steuerkräfte war Johnston sehr angetan von dem Bomber.

Das neue Bomberprogramm

Der Erstflug der XB-52 folgte am 2. Oktober, sodass das Testprogramm gute Fortschritte machte. Ein wichtiger Punkt musste für die Serie jedoch geändert werden: Der Vorderrumpf erhielt statt eines Tandemco*ckpits eine Auslegung mit nebeneinanderliegenden Sitzen. Diese Konfiguration wurde mit drei B-52A erprobt (Erstflug am 5. August 1954). Mit der B-52B, die endlich auch mit einem mehr oder weniger kompletten Waffensystem ausgerüstet war, begann dann die Serienproduktion. Das neue Bomberprogramm hatte enorme Dimensionen, wobei Boeing etwa 65 Prozent der Arbeiten an andere Firmen vergab. Die USAF übernahm ihre erste B-52B am 29. Juni 1955. Neue Versionen folgten rasch, darunter die B-52C, die am 9. März 1956 erstmals flog. Die lediglich 35 gebauten Maschinen wurden dem 42nd Bomb Wing auf der Loring AFB übergeben. Anschließend wurden 170 B-52D mit neuen Systemen gefertigt. Die erste D-Version flog am 14. Mai 1956, allerdings nicht in Seattle, sondern in Wichita, Kansas. Im Werk 2 waren erhebliche Kapazitäten frei, und Boeing verlagerte die Fertigung schrittweise dorthin. Die B-52E erhielt weiter verbesserte Systeme und flog am 17. Oktober 1956.

Nuklear-Bomber

Zwischenzeitlich wurde die Stratofortress für Nuklearwaffentests verwendet. So warf die "52-0013" am 21. Mai 1956 die erste Nuklearbombe über dem Bikini-Atoll im Pazifischen Ozean ab. Im Rahmen der Operation "Redwing Cherokee" kam sie direkt aus Kirtland, New Mexico. Die Bombe ging rund 6,5 Kilometer daneben, da der Schütze sie 21 Sekunden zu früh abgeworfen hatte. Beinahe hätte er eine JB-52B und eine B-47E, die die Auswirkungen des Bombenabwurfs untersuchen sollten, vernichtet.

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Crown Copyright (Cpl. Scott)

Eine B-52H-Basis ist heute Barksdale in Louisiana, wo der 2nd Bomb Wing mit drei Staffeln und der 307th Bomb Wing der Air Force Reserve mit zwei Staffeln stationiert sind.

Zahlreiche Modernisierungen

Im Jahr 1957 entfiel ein Drittel des militärischen Beschaffungshaushalts auf die B-52. Die Produktion stieg von 17 auf 20 Maschinen pro Monat an, um die geplanten Zahlen zu erreichen. Es gab auch weitere neue Versionen wie die B-52F, bei der man J57-43W-Triebwerke mit einem Maximalschub von 61,2 Kilonewton verwendete. Ihr Erstflug war am 5. Mai 1958. Eine wesentliche Umkonstruktion war bei der B-52G fällig. Durch eine neue Flügelstruktur war es möglich, auf Integraltanks umzusteigen und so die Kraftstoffkapazität auf 176 510 Liter zu erhöhen. Überarbeitet wurde auch die Unterbringung der Crew, und das Seitenleitwerk wurde um 2,44 Meter verkürzt. Die B-52G war in der Lage, neben konventionellen Bomben und Atomwaffen zwei AGM-28 Hound Dog (Marschflugkörper mit Kernwaffe) zu tragen. Sie hob am 31. August 1958 erstmals ab. Auf die G-Version folgte noch die B-52H, die am 6. März 1961 zum Erstflug startete. Ihre Zelle war deutlich verstärkt, da das Strategic Air Command inzwischen auf Einsätze in niedrigen Höhen umgestellt hatte. Zudem war mit dem TF33 eine Turbofan-Weiterentwicklung des J57 verfügbar, die viel leiser und sparsamer war. Auf die vier 12,7-mm-MGs im Heck wurde nun verzichtet, was auch den Bordschützen einsparte. Die Reichweite ging um rund 20 Prozent nach oben. 102 B-52H wurden noch bis Oktober 1962 gebaut.

Big-Belly-Modifizierung

Als die letzte Stratofortress in Wichita aus der Halle rollte, konnte niemand ahnen, wie robust und anpassungsfähig sich der Bomber noch erweisen sollte. Im Laufe ihrer langen Karriere hat die Stratofortress viele Modernisierungen und Bewaffnungsarten erlebt. So erhöhte die sogenannte Big-Belly-Modifizierung Mitte der 60er Jahre die konventionelle Ladung von 27 auf 84 Mk.-82 -Bomben, die im 8,5 mal 1,8 Meter großen Bombenschacht mitgeführt werden konnten. Bereits ab Dezember 1959 stellte das Strategie Air Command die North American AGM-28 Hound Dog in Dienst, von der die B-52 zwei Einheiten unter den Flügeln mitführte. Der Mach 2.1 schnelle Flugkörper wog betankt 4,6 Tonnen und war fast 13 Meter lang, damit nur drei Meter kürzer als ein Lockheed F-I04 Star- fighter. Er besaß einen Nuklearsprengkopf und hatte eine Reichweite von 370 Kilometern in geringer Höhe. Nach dem Ende der leistungsfähigeren Skybolt-Rakete 1962 folgte die Boeing AGM-69 SRAM (Short Range Attack Missile). Sie wurde ab März 1972 ausgeliefert. Der Flugkörper war kleiner und nur für die B-52G/H geeignet, die 20 Stück tragen konnten. Die Reichweite betrug maximal 160 Kilometer. Die USAF stellte das System im Jahr 1990, bedingt durch die mangelnde Zuverlässigkeit der Sprengköpfe, außer Dienst.

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Crown Copyright

Bei allen größeren Konflikten der letzten Jahre im Einsatz

Die ersten Kampfeinsätze hatten die B-52F des 2nd und 320th Bomb Wing in Vietnam während der Operation "Arc Light". Bei der ersten Mission, am 18. Juni 1965, kollidierten zwei Flugzeuge und stürzten ab. B-52D des 28th und 484th BW ersetzten im März 1966 die B-52F in Südostasien und flogen bis zum 15. August 1973 Angriffe, zuletzt über Kambodscha. In der Operation "Linebacker II" im Dezember 1972 flogen die B-52 in elf Tagen rund 700 Einsätze über Nordvietnam. Dabei gingen 15 Maschinen verloren, während die Heckschützen nur zwei MiG-21 abschießen konnten. Doch damit endete die Karriere des betagten Schlachtrosses noch lange nicht. Im Golfkrieg 1991 war die B-52G bei 1624 Einsätzen für 40 Prozent aller abgeworfenen Waffen verantwortlich. Die Stratofortress führte während "Desert Storm" auch eine der längsten Missionen aller Zeiten durch. Die Maschinen kamen aus Barksdale, warfen über dem Irak ihre Cruise Missiles ab und flogen nonstop zurück ins heimatliche Louisiana. Die Flugdauer betrug 35 Stunden. Die B-52H hatte ihre Feuertaufe am 3. September 1996, als sie Flugkörper wiederum gegen den Irak einsetzte. Im März 1999 folgten während der NATO-Operation "Allied Force" 270 Einsätze im Kosovo. 2001 trug die B-52 zum Erfolg der Operation "Enduring Freedom" mit Einsätzen in Afghanistan bei. Die B-52 spielte auch bei der Operation "Iraqi Freedom" eine Rolle, als sie am 21. März 2003 während eines Nachteinsatzes etwa 100 CALCMs (konventionell bestückte Marschflugkörper) abfeuerte. Im Jahr 2016 kehrte die B-52 zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt in den Verantwortungsbereich des Central Command zurück. Sie flogen rund 1800 Kampfeinsätze gegen ISIS-Kräfte in Syrien und im Irak. Damit war die "Stratofortress" an allen großen Konflikten der letzten Jahre beteiligt.

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USAF

Die B-52H kann über 22000 Kilogramm an Waffen tragen: von Marschflugkörpern bis zu konventionellen und präzisionsgelenkten Bomben.

Keine Rente in Sicht

Heute verfügt die US Air Force noch über 58 aktive Exemplare (plus 16 bei der Air Force Reserve), die in Barksdale in Louisiana (2nd und 307th Bomb Wing) und in Minot in North Dakota (5th Bomb Wing) stationiert sind. Die B-52H bleibt ein unverzichtbarer Teil der amerikanischen Bomberflotte und als schwerer Langstreckenbomber mit einer Reihe von konventionellen Aufgaben im Einsatz. Dazu gehören Abriegelung des Gefechtsfelds, offensive Bombardements und auch Seeüberwachung, Minenlegen und Anti-Schiffs-Operationen für die US Navy. Nachdem seit 1993 die zunächst für die B-52G gebauten Kits für den Einsatz von konventioneller Bewaffnung in die B-52H transferiert wurden, ist die letzte gebaute Stratofortress-Variante der flexibelste Bomber der USAF. Ein Ende der B-52 ist auch 70 Jahre nach dem Erstflug nicht absehbar. Ganz im Gegenteil wird der Oldie modernere Muster wie die B-1B Lancer und den Stealth-Bomber B-2A Spirit wohl locker überdauern. Künftige Piloten werden Flugzeuge einsetzen, die schon ihre Urgroßväter flogen. Derzeit ist bei der USAF von einer Dienstzeit bis in die 2050er Jahre die Rede. Das geht natürlich nicht ohne weitere Modernisierungsmaßnahmen. Im letzten Jahr rang sich das Pentagon zum Beispiel endlich zu einem Austausch der veralteten Triebwerke durch.

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Rolls-Royce (Screenshot Youtube)

Neue F130-Triebwerke von Rolls-Royce sollen die B-52H ab Ende der 2020er Jahre bis zu ihrer Ausmusterung vielleicht nach 2050 antreiben. Sie sind viel effizienter als die TF33.

Ende 2025 soll die B-52 mit neuen Triebwerken starten

Rolls-Royce wurde im September als Sieger im Wettbewerb um die Triebwerksmodernisierung bekannt gegeben. Eine Variante des für BusinessJets entwickelten BR725 ersetzt die TF33-PW-103. Die militärische Bezeichnung für die in Dahlewitz entwickelte BR710/715/725-Familie lautet F130. Rolls-Royce setzte sich mit der BR725-Variante (75,6 kN Schub) gegen Angebote von GE Aviation und Pratt & Whitney durch. Der Auftrag hat einen Wert von 2,604 Milliarden US-Dollar. Er sieht 608 Triebwerke sowie etwa 40 Ersatztriebwerke vor. Boeing ist als Hersteller der B-52 für die Integration der Triebwerke in den achtstrahligen Bomber verantwortlich. Die ersten beiden vollständig modifizierten B-52 sollen bis Ende 2025 ausgeliefert werden. Sie werden Boden- und Flugtests unterzogen. Das erste Los einsatzbereiter B-52 mit den neuen Triebwerken wird voraussichtlich Ende 2028 ausgeliefert, die gesamte Flotte wird bis 2035 umgerüstet, so die Air Force. Die ersten Tests mit dem F130 genannten Antrieb laufen seit Anfang 2023.

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USAF

Seit 1955 ist die Boeing B-52 Stratofortress als US-Langstreckenbomber für die USAF im Einsatz.

Technische Daten

Boeing B-52B

Hersteller: Boeing Airplane Company
Besatzung: 6
Triebwerke: 8 x Pratt & Whitney J57-P-1WA
Leistung mit Wassereinspritzung: je 50,66 kN
Länge: 47,72 m
Höhe: 14,72 m
Spannweite: 56,39 m
Flügelfläche: 371,6 m2
Leermasse: 74 425 kg
max. Startmasse: 190 510 kg
Höchstgeschwindigkeit: 1013 km/h
Marschgeschwindigkeit: 841 km/h
Startstrecke über 15-m- Hindernis: 3200 m
Dienstgipfelhöhe: 14 415 m
Einsatzradius: 5775 km
Überführungs-Reichweite: 11 815 km
Bewaffnung: vier 12,7-mm-MGs mit je 600 Schuss im Heckstand. 19 505 kg Bombenlast

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Lars Reinhold

Chefredakteur aerokurier

Lars Reinhold, Jahrgang 1985, ist Diplom-Journalist und kam nach mehreren Jahren als Redakteur bei einer Tageszeitung im Dezember 2015 zum aerokurier. 2008 begann er mit dem Segelfliegen, heute hat er die SPL mit TMG-Erweiterung, Advanced Aerobatics und Segelflug-Lehrberechtigung. Zudem hat er technische Lehrgänge zum Zellen- und Motorenwart absolviert. Als Halter einer SZD-59 Acro kennt er auch Themen wie Pilot/Owner Maintenance, Zulassung und Versicherung aus erster Hand. Seine sportliche Passion ist der Segelkunstflug, wo er 2022 die Advanced-Klasse der Österreichischen Staatsmeisterschaften gewann. Mehr zu seinen fliegerischen Aktivitäten kann man unter www.dertraumvomfliegen.blog nachlesen.

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